neuer_teich.jpg - 15kb Tilman Brucker: Am Neuen Teich
Öl auf Nessel, 100 x 100

Preis auf Anfrage

Dieses Bild wird bestimmt von einem ständigen Wechsel zwischen zwei Blickwinkeln. Es kommt mir vor wie eine Überlagerung von zwei Realitätsebenen, von denen mal die eine, mal die andere weiter nach vorne ins Bewusstsein tritt.

neuer_teich_foto.jpg - 2kb Erster Anlass für das Bild war die Faszination durch den tief im Wald liegenden Teich und die Öffnung in der Waldkulisse, wo eine Nebenstraße abzweigt und noch tiefer in das dunkle Herz des Waldes einzudringen scheint. Wenn ein paar Minuten kein Auto vorbeikommt, könnte man meinen, in einer ursprünglichen Waldwildnis zu sein. Das ist natürlich eine Illusion. Man befindet sich in einer vollständig vom Menschen unter hauptsächlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten konstruierten Landschaft.

Zu Anfang der Neuzeit war Deutschland so waldfrei, wie man sich das heute kaum vorstellen kann. Kriege und Abholzungen für Gebäude, Schiffbau, Köhlerei hatten ganze Landstriche verwüstet. Das Holz aus dem Hochsolling wurde nach Hannover geflößt. Die kleinen Bäche waren für die Flößerei eigentlich nicht geeignet. Der Neue Teich und der noch höher gelegene Lakenteich wurden angelegt, um die Flößerei möglich zu machen. Wenn die Teiche voll waren, konnte man die Schleusen öffnen und die Stämme mit einer Flutwelle zu Tal bringen. Es muss trotzdem schwierig genug gewesen sein. Jedoch wurde die Flößerei bald wieder eingestellt. Denn es entstand eine Gegenbewegung. Das weltberühmte emotionale Verhältnis der Deutschen zu ihrem Wald stammt aus dieser Zeit. Es besteht aus zwei völlig unterschiedlichen Komponenten: der rationellen Forstwirtschaft einerseits, und der romantischen Wald-Sehnsucht andererseits. Beides hat dazu beigetragen, dass es heute wieder viel mehr Wald gibt als damals.

Das Bild setzt das alles voraus. Im unteren Drittel sehe ich zugleich den Fluss als Verkehrsweg von damals und die Straße von heute. Ich sehe Scheinwerfer und Rücklichter aber manchmal auch Irrlichter aus Sagen und Märchen. Und ich sehe eine Waldkulisse, wie sie dort tatsächlich vorzufinden ist - einerseits. Andererseits ist der Wald an dieser Stelle, mit nüchternen Augen betrachtet, weniger verwunschen, als es die opulente grüne Hölle auf dem Bild vermuten lassen könnte...Der deutsche Wald ist zugleich ein Produkt forstwirtschaftlicher Rationalität und romantischer Phantasie. Beide Aspekt sehe ich auf dieser Leinwand schillern und schimmern.